Zuletzt aktualisiert am 25. Oktober 2019
Ich habe gekocht, das Essen steht auf dem Tisch – ganz selbstverständlich.
- Mein Mann hat Lebensmittel eingekauft – ganz selbstverständlich.
- Meine Tochter schläft seelenruhig in ihrem Bett – ganz selbstverständlich.
- Ich wache morgens auf– ganz selbstverständlich.
- Es funktioniert alles wie ich mir das vorstelle – ganz selbstverständlich.
Oder etwa doch nicht?
Was würde passieren wenn…
- Ich nicht koche und es nichts zu essen gäbe – Wir hätten alle Hunger, ich und meine Familie würde fragen, warum gibt es heute nichts zu essen?
- Mein Mann hat keine Lebensmittel einkauft – Ich würde fragen, warum hast du nichts eingekauft, wie soll ich jetzt was zum Essen zaubern?
- Wenn meine Tochter vielleicht nicht die Möglichkeit hat, sich zu entspannen und behütet in ihrem Bett zu schlafen – weil Sie z.B. krank wäre, vor etwas Angst hat, wir in einem anderen Land leben würden und vielleicht gerade auf der Flucht wären?
- Wenn ich morgen nicht mehr aufwache? – Ich würde die Sonne nicht aufgehen sehen, ich könnte nicht das Lachen und Weinen meiner Tochter spüren, ich darf nicht mehr zur Arbeit gehen und ich kann nicht mehr mit meinem Mann zusammen lachen.
Eigentlich ist gar nichts auf dieser Welt selbstverständlich, obwohl wir oft alles als selbstverständlich ansehen und zu unseren angeborenen Rechten zählen. Sobald eines dieser „Selbstverständlichkeiten“ nicht mehr vorhanden ist, wird gejammert, geklagt und gewütet.
Wir sehen nur noch die Dinge, die wir nicht haben dürfen oder können. Die gerade schieflaufen. Die Herausforderungen, die das Leben nun einmal mit sich bringen. Die klassische Opferrolle. Komischerweise sprechen wir diese Dinge aus, was uns alles aufregt, wer daran Schuld hat usw. Wir nehmen eine Opferrolle an, in der wir machtlos oder gelähmt sind. Warum aber sprechen wir die positiven „Selbstverständlichkeiten“ nicht an. Bricht es mir einen Zacken aus der Krone wenn ich einer Dame beim Vorbei laufen sage: „Wow, tolles Kleid, ich finde, das steht Ihnen super.“ Anstatt dies nur unbewusst wahrzunehmen, oder vielleicht sogar neidisch zu sein und mir zu denken, blöd, ich kann mir das nicht leisten? In Bayern gibt es ein Sprichwort: „Net gschimpft is gnua globt“, auf hochdeutsch übersetzt: „Nicht geschimpft ist genug gelobt“! Hmmmm……
Ich persönlich finde es so wichtig die Selbstverständlichkeiten nicht einfach als gegeben hinzunehmen, sondern Sie aktiv und bewusst zu würdigen und anzuerkennen. Ich spare nicht mehr mit Anerkennung und Komplimenten und ich bin dankbar dafür, dass mein Mann gerade für die Familie eingekauft hat. Deshalb spreche ich dieses kleine, aber anerkennende Danke einfach aus. Es wertschätzt mein Gegenüber und ich fühle mich ebenfalls gut dabei.
- Vielen Dank Schatz, für´s einkaufen.
- Ich habe heute Abendessen gekocht! Ich sage laut zu mir selbst, „Danke Monika, dass du dir die Zeit genommen hast und für dich und deine Familie etwas nettes zum Abendessen vorbereitet hast.“
- Ich bin dankbar dafür, dass ich nicht in einer angstbesetzten Region meine Tochter aufwachsen lassen muss, dass Sie kerngesund ist. Ich genieße es, Sie ins Bett zu bringen und mit Ihr währenddessen zu kuscheln, denn ich weiß, auch diese Zeit ist begrenzt.
- Danke, dass ich heute denn Sonnenaufgang sehen darf, danke dass ich eine Arbeitsstelle habe und arbeiten darf, danke dass ich meine Tochter durch Ihre Gefühle wie Freude und auch Traurigkeit begleiten darf, danke, dass mein Mann heute mal wieder „ein großes Kind“ war und mich dadurch zum Lachen brachte.
Es gibt unzählige Möglichkeiten die unbewusste Selbstverständlichkeit in bewusste Dankbarkeit umzuwandeln:
- Hält mir jemand die Türe auf, dann bedanke ich mich.
- Wenn ich heute etwas Leckeres gegessen habe, bedanke ich mich beim Koch (auch wenn ich der Koch bin 🙂
- Hat mein Mann heute etwas Nettes zu mir gesagt, dann danke ich ihm dafür.
- Bekomme ich ein Lob, dann nehme ich es dankend an.
- Ich spare nicht mehr an ehrlich gemeinten Komplimenten, weder an mir, noch bei Anderen, einfach aussprechen, es tut dem Anderen gut und auch mir selbst
- Wenn ich mich selbst im Spiegel betrachte, könnte ich mich an meinen kräftigen Oberarmen stören, aber ich sage mir selbst, die sind so, wie sie eben sind und das ist in Ordnung so. Am besten gefallen mir heute deine Beine, Monika.
- Verstehst du was ich meine? Es läuft nicht immer alles glatt. So ist das Leben nun mal nicht. Jeder hat sein eigenes Päckchen zu tragen, jeder hat seine eigenen Herausforderungen zu meistern. Aber ich selbst kann entscheiden, ob ich die Selbstverständlichkeiten als selbstverständlich ansehe und mich an dem Negativen aufreibe und meine Opferrolle einnehme. Oder ob ich die positiven Aspekte daran erkennen kann. Nichts im Leben ist selbstverständlich, rein gar nichts. In ein paar Minuten kann sich mein Leben komplett umdrehen. Deshalb danke ich für möglichst viele kleine Dinge, Momente und Gesten, die ich vor einiger Zeit noch als selbstverständlich angesehen habe. Es bereichert mein Leben unglaublich, macht mich zufriedener und gelassener. Wenn ich abends im Bett liege, lasse ich den Tag gerne noch einmal Revue passieren und fokussiere alles Positive, was an diesem Tag passiert ist. Ich empfinde es als ein sehr kraftvolles Ritual so vom Tag in die Nacht zu gleiten. Was gibt es bei dir Positives zu erkennen?
- Nun noch eine kleine Geschichte aus meinem Leben: Vor knapp einem Jahr gab es bei uns im Haus eine Überspannung. Der Beamer und der Receiver haben gebrannt, es hat überall nur geknallt und gestunken. Mein Mann war zufällig zuhause und hat gelöscht, später haben wir festgestellt, dass die Klingelanlage und auch die Waschmaschine defekt sind. Laut Elektriker hatten wir eine Überspannung im Haus mit soviel Volt wie normalerweise bei Strakstrom. Na gut, wir sind versichert. Insgesamter Schaden beläuft sich auf mehrere tausend Euro. Nach 6 Monaten und vielem hin und her mit den Versicherungen stand fest, sie Zahlen nicht. Was? Im Ernst?
Überspannung im Haus ohne Gewitter etc. einfach so, ist angeblich nicht versichert. Weder bei der Hausrat- noch bei der Wohngebäudeversicherung. Was für eine Schei…… es war wahnsinnig viel Geld. Und jetzt? Die anfängliche Reaktion war natürlich Ärger und Wut.
Und dann habe ich mir folgendes klar gemacht, ein Perspektivenwechsel.
Wir hätten unser komplettes Zuhause verlieren können, wenn mein Mann an diesem Tag nicht zuhause gewesen wäre. Wir wären komplett obdachlos mit einer Menge Schulden dagestanden. Wenn es zu einem anderen Zeitpunkt gewesen wäre, dann hätten wir vielleicht geschlafen und wir wären schwer verletzt oder tot.
Manche Dinge passieren eben im Leben, auf die ich keinen Einfluss habe, aber ich habe sehr wohl einen Einfluss darauf, wie ich darauf reagiere.
Wir haben jetzt keinen Beamer mehr, dafür einen normalen Fernseher. Wir schauen viel weniger Fernsehen und beschäftigen uns dafür mit uns. Eigentlich ein Geschenk.
Unsere Klingel funktioniert nicht, auch gut, die Leute wissen das inzwischen, rufen an oder klopfen an der Terrassentür. Wir sind gesund und munter, es gibt keine Verletzten und wir haben immer noch ein Dach über dem Kopf. War das Zufall, Schicksal, ein Wunder oder einfach nur Glück?Ich weiß es nicht, aber wenn ich darüber nachdenke, bin ich einfach nur unendlich dankbar, dass alles so glimpflich ausgegangen ist. Denn es ist eben nicht alles selbstverständlich.
Jede Herausforderung hat auch ein Geschenk für mich mitgebracht, die Frage ist nur, kann ich das Geschenk erkennen und würdigen?
Deine Monika