Zuletzt aktualisiert am 17. Oktober 2019
Was ist das innere Kind?
Laut Wikipedia ist es eine Betrachtungsweise innerer Erlebniswelten. Es bezeichnet und symbolisiert die im Gehirn gespeicherten Gefühle, Erinnerungen und Erfahrungen aus der eigenen Kindheit. Hierzu gehört das ganze Spektrum intensiver Gefühle wie unbändige Freude, abgrundtiefer Schmerz, Glück und Traurigkeit, Intuition und Neugierde, Gefühle von Verlassenheit, Angst und Wut.
Was bedeutet das nun für unser Erwachsenen Dasein?
Jeder von uns wurde durch seine Erziehung und Erfahrungen, wie unsere Eltern/Bezugspersonen/Schule/Umfeld mit uns umgegangen sind in positiver aber auch negativer Weise geprägt. Diese Erinnerungen und Erfahrungen sind in unserem Gehirn und Nervenbahnen gespeichert. Als Erwachsene greifen wir automatisch und meist unbewusst auf diese Erinnerungen und Erfahrungen zurück. Dann reagieren wir entsprechend darauf, ohne zu wissen warum wir das tun.
Hierzu ein kleines harmloses Beispiel:
Du kommst nach Hause und es riecht nach Apfelstrudel.
Die Person, die in ihrer Kindheit damit gemütliches Beisammensitzen, harmonische Familie, lecker Essen verbindet, diese Person freut sich instinktiv auf den Apfelstrudel der nun gleich serviert wird. Es gibt ihr ein geborgenes, sicheres Gefühl und ist entsprechend gelassen, zufrieden und entspannt.
Die Person, die in ihrer Kindheit gezwungen wurde alles aufzuessen, bei denen es gefühlt den ganzen Herbst über Äpfeln zum Essen gab, in allen Variationen, die Person, bei der es einen heftigen Streit während des Apfelstrudelessens in der Kindheit gab, die Person die vielleicht krank war und einmal Apfelstrudel erbrochen hat, reagiert ganz anders. Die Person riecht den Apfelstrudel und ist sofort angespannt, ihr ist unwohl, findet es vielleicht eklig, „kann den Geruch nicht ertragen“, fühlt die Anspannung eines Konfliktes.
Die Situation ist ein und dieselbe. Es riecht nach Apfelstrudel. Trotzdem gibt es zwei ganz unterschiedliche Reaktionen darauf. Die eine Person ist entspannt, gelassen und freut sich auf den Abend und das Essen. Die andere Person verbindet den Geruch mit Ekel, Unwohlsein, Konflikt und Angst. Warum? Weil unser Gehirn und Nervensystem auf die Erinnerungen und die Erfahrungen in unserer Kindheit zurückgreift und die „alten Gefühle“ mit dem Geruch sofort verbindet.
Ein weiteres prägenderes Beispiel:
Du bist vielleicht in einem Elternhaus aufgewachsen, in dem es eine starke Persönlichkeit (z.B. Mutter) und eine schwächere Persönlichkeit (z.B. Vater) gab. Als Kind spürst du, das deine bloße Anwesenheit die schwächere Person (z. B. Vater) glücklich macht. Vielleicht hast du auch das Gefühl, die schwächere Person(n), also deinen Vater, deine Geschwister etc. beschützen zu müssen. Du übernimmst unbewusst die Verantwortung für deine Eltern. Für deinen Vater, damit es ihm gut geht, damit er Lebensfreude hat. Du bist möglichst ein braves „funktionierendes“ Kind, bist für ihn stark, bist nicht traurig, bleibst viel bei ihm damit du ihn überhaupt beschützen kannst, versuchst ihm Freude zu bereiten. Gleichzeitig versuchst du aber auch, deine Mutter nicht vor den Kopf zu stoßen, keine eigene Meinung zu haben, weil dann deine Mutter enttäuscht sein könnte, wütend auf dich oder deinen Vater oder deine Geschwister sein könnte, das sie dich vielleicht sogar verlässt? Oder du dann wieder in die Beschützerrolle schlüpfen musst. Also versuchst du dich so zu benehmen, dass es für deine Mutter keinen Grund gibt, enttäuscht, beleidigt oder wütend auf dich oder die anderen Personen zu sein. Du hast als Kind die Verantwortung für die Ehe deiner Eltern und deren Gefühle übernommen! Dein Gehirn und Nervensystem hat das bis zum heutigen Tage alles gespeichert und wendet das immer wieder an. Heute hast du vielleicht immer noch das Bedürfnis niemanden zu enttäuschen, damit du geliebt wirst. Heute Abend bleibst du vielleicht lieber bei deinem Mann zuhause, weil er nicht alleine sein möchte, obwohl du eigentlich lieber mal wieder einen Abend mit deinen Freundinnen verbringen möchtest? Eigentlich hättest du eine andere Meinung zu einem Thema, sagst diese aber lieber nicht, weil du erwartest, dass diese für dich gefühlt starke Persönlichkeit dann beleidigt oder wütend ist, dich nicht mehr liebt oder vielleicht sogar den Raum, die Wohnung oder dich verlässt? Du traust dich auch als Erwachsene nicht nein zu sagen, bist immer bemüht es allen Recht zu machen, damit du keine Konflikte hervorrufst, das du geliebt wirst. Du hast heute keine Ahnung mehr, wer du eigentlich bist und was du eigentlich willst, weil du schon ganz früh gelernt hast, dich so anzupassen, dass du nicht verlassen wirst, dass der Haussegen nicht schief hängt, dass niemand wütend oder traurig ist. Du hast immer wieder dieselben Beziehungsprobleme? Du wirst oft um Hilfe gebeten, weil man sich auf dich zu 100% verlassen kann, wirst aber tatsächlich nur ausgenutzt? Du hast im Berufsleben immer wiederkehrende Probleme? Wenn du das für dich lösen möchtest, dann ist es an der Zeit, dein inneres Kind kennen und verstehen zu lernen.
Wie kann ich mein inneres Kind kennen und verstehen lernen?
Gib dem inneren Kind ein Gesicht und einen Namen. Nimm dir ein Foto von dir selbst im Alter von ca. 4-7 Jahren und nimm dir Zeit, dich selbst als kleines Kind zu betrachten. Ich persönlich finde es einfacher, wenn ich ein konkretes Bild vor meinem inneren Auge habe, mit dem ich arbeiten kann. Nun kommst du zur täglichen Routine. Morgens und abends nimmst du dir 10 Minuten Zeit und sprichst mit deinem „kleinen-Ich“. Ich nenne mein inneres Kind ganz einfach kleine Monika.
Die Konversation könnte in etwa so aussehen: Hallo Kleine Monika. Nun habe ich für dich Zeit. Wie geht es dir? Ich sehe du sitzt in deinem Kinderzimmer und spielst in einer Ecke. Ich merke du bist traurig. Du fühlst dich einsam. Du fühlst dich verloren. Möchtest du mir erzählen was passiert ist? (Manchmal antwortet die kleine Monika und erzählt mir ihren Kummer, manchmal fängt sie an zu weinen, zu wüten, manchmal ignoriert sie mich). Kleine Monika, ich bin für dich da. Bei mir darfst du traurig sein. Du darfst weinen, es ist vollkommen ok. Du darfst wütend sein, ich bin auch in deiner Wut für dich da. Du darfst mich auch ignorieren, wenn du nicht mit mir sprechen magst, ich bin trotzdem für dich da. Ich bleibe einfach ein bisschen bei dir, kleine Monika, ich gebe dir nun meine volle Aufmerksamkeit. Ich bin einfach da. Möchtest du in den Arm genommen werden? Ich liebe dich, so wie du bist. Ich kümmere mich ab heute um dich und deine Ängste und Gefühle. Auch wenn du dich freust, bin ich da, um die Freude mit dir zu teilen….
Zugegeben, am Anfang kam ich mir echt blöd vor, mich mit jemanden zu unterhalten, der ja nicht wirklich anwesend ist. Aber nach einiger Zeit hatte ich mit der kleine Monika ein sehr vertrautes inniges Verhältnis. Sie hat mir von Ihrer Trauer, ihrer Angst, ihrer viel zu großen Verantwortung gegenüber den Eltern und dem Bruder, ihren Schuldgefühlen, ihrer Wut, ihrem Leistungsdruck, ihrer Einsamkeit, ihrem Harmoniebedürfnis, ihrer gefühlt fehlenden Anerkennung und Wertschätzung, ihrer Angst nicht gut genug zu sein, ihrer Angst nicht geliebt zu werden, erzählt. Ich habe die kleine Monika ganz oft im Arm gehalten und sie weinen lassen, war bei ihr, als sie unglaublich wüten war und sie unheimlich viel Angst hatte, nicht gut genug zu sein, nicht geliebt zu werden. Ich habe Sie immer öfter gefragt, was sie den braucht, damit sie sich wertgeschätzt fühlt, damit sie angstfrei ist, damit sie sich sicher und geborgen fühlt, damit sie frei von Schuldgefühlen ist, damit sie keinen Leistungsdruck hat, damit sie frei von der Verantwortung für andere Erwachsene ist, damit sie sich geliebt fühlt, so wie sie ist. Auch hier sagt sie mir manchmal, was sie gerne möchte, manchmal weiß sie es aber auch selbst nicht und das ist ebenfalls ok. Manchmal möchte sie einfach nur meine volle Aufmerksamkeit haben, ebenso wie ein richtiges Kind. Irgendwann hat die kleine Monika sogar gelacht und vor Freude einen Purzelbaum gemacht, von Herzen, ganz ausgelassen. Jetzt wenn ich sie treffe, kommt sie mir manchmal freudestrahlend entgegen und erzählt mir, was sie alles erlebt hat und wie gut ihr das tut und ich kann mit ihr auch die freudigen Momente teilen.
Wenn mich heute etwas triggert, wenn ich mich heute nicht gut genug fühle, wenn ich Schuldgefühle habe, wenn ich mich ärgere, wütend oder traurig bin oder aber auch freudestrahlend durch die Gegen laufe, dann treffe ich immer wieder die kleine Monika. Manchmal mehrmals am Tag, ganz automatisch. Ich höre ihr zu, ich nehme sie in den Arm, ich bin einfach für sie da und schenke ihr meine volle Aufmerksamkeit, egal wie sie sich gerade fühlt. Und dann sage ich ihr, dass ich sie sehr gut verstehen kann, dass ich sie beschützen werde, dass sie immer auf mich zählen kann , dass ich sie liebe und bei Bedarf etwas für Sie kläre. Bei größeren Dingen hole ich mir oft noch mein Krafttier, meinen Löwen dazu. Zusammen sind wir stark, die kleine Monika, ich und mein Löwe.
Fazit: Meiner Meinung nach führt kein Weg an dem inneren Kind vorbei, wenn du ein glückliches zufriedenes Dasein anstrebst. Ich finde es wichtig mit dem inneren Kind zu sprechen, was sie bewegt, was sie triggert, was sie ärgert, was sie traurig mach, wovor sie Angst hat. Nur dann kann ich in der Lage sein, mein inneres Kind mit allen Gefühlen so anzunehmen wie es ist und anschließend als Erwachsene eine Entscheidung treffen, die für mich und mein inneres Kind zufriedenstellend ist.
In diesem Sinne, Servus und Namasté, Deine Monika