Zuletzt aktualisiert am 17. Oktober 2019
Alles mall eben, mal kurz, mal schnell. Ich renne und hetze. Egal wie effektiv ich zu sein versuche, die Zeit scheint immer gegen mich zu arbeiten.
Es geht schon morgens los mit schnell anziehen, schnell frühstücken, kurz Sozial-Media checken, schnell ins Auto und dann Stau, der Stresspegel steigt. Kind mal schnell im Kindergarten abliefern, währenddessen noch kurz am Telefon etwas abklären und ab in die Arbeit. Schnell das Wichtigste machen, denn das nächste Teammeeting steht an. Während des Teammeetings kann ich gleich noch ein paar E-Mails beantworten. Mittagszeit, ich hole mir kurz was beim goldenen M zum mitnehmen, währenddessen mache ich die Powerpoint fertig. Jetzt habe ich Kopfschmerzen, weil ich außer einem Frühstückskaffee noch nichts getrunken habe.
Kopfschmerztablette und ein kleines Glas Wasser dazu. Auf die Toilette gehe ich auch noch mal kurz, in der Zeit kann ich kurz meine WhatsApp beantworten. Noch kurz die restlichen wichtigen Sachen erledigen und wieder beeilen, damit ich rechtzeitig zum Kindergarten komme. Mist, schon wieder Stau. Was für eine vergeudete Zeit. Wenn ich nur irgendwie einen Schleichweg hätte. Mein Kind wartet schon, dass sie abgeholt wird, zack-zack ins Auto und ab nach Hause, für den Eisberg zum Schlittern habe ich keine Zeit. Dort warten jede Menge Haushaltsdinge, die wichtig sind. Wäsche, Spülmaschine, Tiere die versorgt werden wollen. Der Rasen muss dringend gemäht werden. Meine Tochter fragt, „Mama, spielst du mit mir?“ Nein, sorry keine Zeit, bitte suche dir eine Freundin oder geh was malen, ich bin heute im Stress (ich spüre irgendwie so ein Schuldgefühl). Ich müsste mich noch um den Stromanbieter kümmern, die Rechnungen bezahlen, Abendessen kochen….. Ich renne und funktioniere und renne. Abendessen geschafft, Kind endlich im Bett, meine Kopfschmerzen kommen wieder, Mist, den ganzen Nachmittag wieder nichts getrunken, Rasen mähen habe ich nicht geschafft, meine Freundin wartet immer noch auf eine Antwort, meinem Opa habe ich nicht besucht (wieder diese Schuldgefühle). Ich bin fix und alle, völlig platt. Ich lasse mich erschöpft und mit schlechtem Gewissen aufs Sofa fallen, lasse mich vom Fernsehen berieseln und arbeite meine „nicht-geschafft-Liste“ im Kopf durch.
Ich renne, rackere mich ab, aber es reicht nicht. Irgendwie nie. Ich fühle mich urlaubsreif. Irgendwie immer.
Egal wie schnell, organisiert und Multitasking ich bin. Manchmal habe ich das Gefühl, ich sitze in einem Hamsterrad. Umso schneller ich laufe, umso schneller dreht sich das Rad und dann muss ich noch schneller laufen, damit ich mithalten kann. Der Tag ist vergangen wie im Flug. Ich muss jetzt dringend ins Bett, aber dort angekommen kann ich nicht schlafen, weil mir alles im Kopf herumgeht, was ich noch zu tun habe, was ich eigentlich noch schnell erledigen müsste, was ich auf morgen verschiebe. Irgendwann übermannt mich die Erschöpfung und ich falle in einen unruhigen Schlaf. Am nächsten Tag stehe ich vollkommen gerädert auf, heute muss ich schneller machen, damit ich mehr schaffe……
Der Leistungsdruck in unserer Gesellschaft ist enorm. Alles ist sehr schnelllebig.
Ich vergleiche mich mit den Anderen, was die alles schaffen, irgendwie immer mehr und besser als ich. Wenn ich dann noch die ganzen tollen Bilder in Instagram, Facebook und Co sehe, denke ich, ich krieg gar nichts hin im Gegensatz zu den Anderen.
Damals bin ich gerannt, hätte ich das mein Leben lang getan, wäre ich wahrscheinlich nicht sonderlich alt geworden. Noch dazu hätte ich meine begrenzte Zeit auf Erden verpasst. Als ich rannte, habe ich nichts gesehen, gehört, gespürt und gefühlt. Es war immer zu wenig Zeit, zu wenig Geld, nicht schnell genug, nicht effizient genug, nicht gut genug, zu wenig von …… irgendwie Allem, egal wie sehr ich mich anstrengte.
Und dann kam der große Knall!
So hat mein Leben früher ausgesehen. Bis der große Knall kam und ich nicht mehr funktionieren und schnell machen konnte. Burn-out, Depression! Vom Leben gezwungen eine Vollbremsung zu machen. Damals der absolute Horror. Heute bin ich sehr dankbar dafür, denn ich musste mein Leben von Grund auf verändern. Gut so! Denn heute bin ich unendlich dankbar für diese Vollbremsung. Ja mich hat es in diesem Hamsterrad überschlagen und mitgerissen. Es tat höllisch weh und ich habe mir sämtliche Knochen gebrochen. Aber jetzt ist schon wieder ganz viel verheilt. Und was ich daraus gelernt habe?
Ich steige nur wieder in das Hamsterrad, wenn ich mein eigenes Tempo bestimmen kann, wenn es zu schnell wird, dann bremse ich ein bisschen ab und gehe langsamer, ich steige sogar regelmäßig aus.
Ich lebe noch und ich kann heute sagen, dass ich weder depressiv bin noch mich in irgendeiner Form hetzen lasse. Ich frühstücke morgens mit meiner Tochter, meistens gemütlich, habe Zeit ihr zu zuhören. Ich fahre Sie gemütlich in den Kindergarten, wenn wir Stau haben, na egal, wir sind froh, dass wir im Stau stehen und nicht die Unfallverursacher und schwer verletzt sind. Dann singen wir z.B. lautstark Kinderlieder mit oder spielen, ich sehe was, was du nicht siehst. Ich kann den Stau doch eh nicht ändern, also kann ich dabei auch Spaß haben, oder? Den 3 Minuten Fußmarsch vom Auto zum Kindergarten machen wir Witze, gehen rückwärts, hüpfen oder machen irgendeinen Blödsinn. Ich nehme mir Zeit, mich von Ihr zu verabschieden. Den Weg zurück zum Auto genieße ich die strahlende Sonne, begegne den anderen Kindergartenkindern und -eltern mit einem strahlenden Lächeln und einem „wunderschönen guten Morgen“ und setzt mich ins Auto Richtung Arbeit. Ich habe meinen Job gewechselt und außerdem arbeite ich weniger Stunden. Ich nehme mir Zeit um auf die Toilette zu gehen und mir vormittags mindestens 2 Gläser Wasser zu gönnen.
Das was ich in der Arbeit nicht schaffe, mache ich am nächsten Tag in der Früh. Meinen Chef frage ich, was die wichtigsten Prioritäten sind, denn alles geht nicht, sorry. Entspannt und relaxed hole ich meine Tochter vom Kindergarten ab, zuhause gibt es jetzt ein gemeinsames Mittagessen. Ich kann mich auf mein Mittagessen konzentrieren und meiner Tochter meine ganze Aufmerksamkeit schenken. Wie geht es dir? Wie war es im Kindergarten? Anschließend spiele ich mit ihr etwas und wir haben riesen Spass. Irgendwann sagt sie dann meistens,“ kann ich jetzt mit einer Freundin spielen?“ „Na klar, saus los.“
Jetzt mache ich die Wäsche und versorge meine Tiere. Ganz bewusst und langsam. Wie die frisch gewaschene Wäsche riecht? Voll toll. Mein kleiner Kater will spielen, super gerne. Ich mache mit meiner Freundin einen Abendtermin aus, damit wir uns in Ruhe unterhalten können. Das Rasen mähen kann warten, geht nächste Woche auch noch, oder es muss mein Mann machen. Meine Freunde habe ich auf die engsten beschränkt.
Ich kann nicht auf jeder Hochzeit tanzen. Seither habe ich viele Wochenenden, an denen ich keinen „Freizeittermin“ habe. Fühlt sich super an, wenn man morgens spontan entscheiden kann, bleibe ich zu Hause oder mache ich spontan einen Ausflug, einfach, weil ich gerade Lust habe? Ich gehe viel spazieren, kostet nämlich gar nix. Weil ich weniger arbeite, habe ich natürlich auch weniger Geld. Aber ich genieße die Natur, die Ruhe und Stille. Abends auf der Terrasse zu sitzen und zu meditieren ist ebenfalls kostenlos, gibt unglaublich viel Kraft und Energie, einfach nur schön. Das Essen bewusst vorzubereiten und zu sich dafür Zeit zu nehmen macht Spaß, ich merke wieder wie eine Gurke riecht, wie ein Brot schmeckt und sich eine Banane anfühlt. Meinen Opa besuche ich deutlich weniger, aber wenn ich da bin, schenke ich ihm meine volle Aufmerksamkeit, statt im Kopf schon die Einkaufsliste durchzugehen und was ich noch alles machen muss. Ich finde es spitze, wenn ich mit meiner Tochter am Abend im Bett noch kuscheln kann, ihr ein bisschen vorlesen und den Tag zusammen mit ihr reflektiere. Es ist ohnehin eine begrenzte Zeit. Sie ist 6 Jahre alt. Wie lange wird es noch so sein, dass sie Geschichten hören will und mit Mama kuscheln möchte?
Mein Sexleben hat sich ebenfalls zum positiven verändert. Slow Sex ist die Devise. Langsam, spüren, fühlen, Spaß haben und kommunizieren, wirklich die Beziehung neu aufrollen und aufleben lassen, ganz aktiv. Macht meiner Meinung nach tatsächlich mehr Spaß als immer nur Fernsehen 🙂
Die Qualitäten meiner zwischenmenschlichen Beziehungen sind viel intensiver geworden. Die Anzahl meiner Freunde/Kontakte/Verpflichtungen sind dafür deutlich geschrumpft. Kopfschmerzen kenne ich kaum noch. Grippe und Erkältung machen seither meistens einen großen Boden um mich, ich brauche viel Schlaf, mind. 8 Stunden, ich schlafe super gut und bin morgens meistens gut erholt und voller Tatendrang, um alles langsam zu machen. Ich nehme mir ganz bewusst zweimal täglich für 30 Minuten Zeit für Sozial Media, Anrufe und um meine WhatsApp zu beantworten, dann kommt das Handy weg. Festnetztelefon habe ich schon lange nicht mehr. Wenn ich fernsehe, dann nicht mehr aus Erschöpfung, sondern weil ich ganz explizit etwas sehen möchte. Ansonsten bleibt der Schmarrn einfach aus. Das echte Leben ist viel schöner. Ich fühle mich absolut lebendig. Ich kann die kleinen Momente in mir aufsaugen. Das macht mich glücklich und zufrieden. Es gibt keine Schuldgefühle mehr, kaum Zeitdruck, kein „ich bin nicht gut genug“ oder ich habe zu wenig von …. ! Ich habe alle Zeit der Welt für die Sachen, die mich erfüllen, die mir wichtig sind und die ich gerne tue. Ich habe alles, was ich brauche. Ich kann mich täglich entscheiden, wie ich meinen Tag verbringen möchte, jeden Tag aufs Neue!
1Tag – 24 Stunden – 1.440 Minuten – 86.400 Sekunden werden mir jeden Tag aufs Neue geschenkt. Dafür bin ich sehr dankbar.
Fazit:
Wenn es dir auch so geht, dann warte nicht so lange wie ich, bis es dich im Hamsterrad überschlägt!
Setz Prioritäten, Schritt für Schritt.
Miste dein Leben aus:
- Wieviel Geld brauchst du wirklich? Wo kannst du Abstriche machen, damit du eventuell weniger arbeiten kannst oder zu mindest in deinem eigenen Tempo?
- Ertappe dich, wenn du sagst/denkst, ich mache mal kurz, mal schnell, nur noch eben…..
- Nimm die kleinen Dinge und Momente im Leben wahr, genieße deinen Kaffee morgens, wie er riecht, schmeckt etc. ohne gleichzeitig auf dem Handy herum zu tippen
- Wieviel Kraft verschwendest du für Kleinkram, die im Leben an sich gar nicht wichtig ist?
- Kann das Putzen warten und du spielst lieber mit voller Aufmerksamkeit mit deinem Kind?
- Sortiere deine Freizeitverpflichtungen aus, tanze nicht auf jeder Hochzeit, konzentriere dich auf die Leute, die dir gut tun und dann schenke Diesen deine volle Aufmerksamkeit
- Nimm dir Zeit für dich alleine, genieße die Natur die Stille das nichts tun
- Nimm körperliche Anzeichen war, dass sich deine Welt zu schnell dreht, regelmäßig Kopfschmerzen, zum 5 Mal in diesem Jahr eine Grippe, viel Rückenschmerzen, Depression? Vielleicht will dir dein Körper einfach sagen, Stopp, ich kann nicht mehr? ( Bitte auch immer ärztlich abklären lassen)
- Lerne „Nein“ zu sagen, wenn du um einen Gefallen gebeten wirst, wenn du keine Zeit, Lust und Kraft dazu hast
- Welche Personen in deinem Leben sind dir Wichtig? Welche kannst du getrost vernachlässigen?
- Hör auf everybodys Darling zu sein, denn everybodys Darling ist oft auch everybodys Depp
- Nimm dir regelmäßig Zeit, die Dinge zu tun, die dir Spaß machen, ganz gezielt und bewusst und tanke da auf
Servus und Namasté
Deine Monika